Interview Ken Wilber
Stufen der Meditation
Ein Interview mit Ken Wilber
Die psychische Ebene
Doch das Wesentliche ist, dass Du beginnst sie bewusst zu erleben. Du schaust unbeteiligt auf sie ohne Urteil und siehst sie einfach vorbeiziehen, so wie Du auch die Wolken am Himmel vorbeiziehen siehst - sie kommen, sie gehen. Kein Lob, keine Verdammung, keine Verurteilung - einfach „pures Bezeugen". Wenn Du deine Gedanken beurteilst, dann verfängst Du Dich in ihnen und kannst sie nicht transzendieren. Du findest dann auch nicht höhere oder subtilere Dimensionen deines eigenen Seins. Du sitzt also in der Meditation und bezeugst einfach was Dir durch den Kopf geht. Du lässt den Affenverstand tun was er möchte und schaust einfach zu. Und es passiert folgendes: weil Du als unbeteiligter Zeuge diese Gedanken, Fantasien, Bemerkungen und Bilder anschaust, befreist Du Dich von ihrem unbewussten Einfluss. Du schaust auf sie, und benutzt sie daher nicht um auf die Welt zu schauen. Das macht Dich zu einem gewissen Grade frei von ihnen. Und Du wirst ebenso frei von dem separaten Selbst das von ihnen abhängt.
Die subtile Ebene
Die kausale Ebene
Die nichtduale Ebene
Alle Erfahrungen - diese vorüberziehenden Wolken - verlieren vollständig an Geschmack. Du bist nicht der der Befreiung erfährt; Du bist die Öffnung, die Lichtung, die Leere in der alle Erfahrungen kommen und gehen, wie die Spiegelung eines Spiegels. Und Du bist der Spiegel, der spiegelnde Verstand, und keine der erfahrenen Reflexionen. Du bist nicht getrennt von den Reflexionen, stehst nicht zurück und beobachtest. Du bist alles was erscheint von Augenblick zu Augenblick. Du kannst das ganze Universum verschlucken, es ist so klein, und kannst den gesamten Himmel schmecken, ohne Dich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Dies ist der Grund warum im Zen gesagt wird, dass Du in den Großen Samadhi nicht eintreten kannst: Er ist die Öffnung oder Lichtung dessen was immer anwesend ist, und in dem alle Erfahrungen - und alle Manifestationen - von Augenblick zu Augenblick erscheinen. Es sieht so aus als ob Du in diesen Zustand „eintrittst". Doch einmal dort angekommen erkennst Du, dass es niemals eine Zeit gab in der dieser Zustand nicht voll präsent und erkannt worden wäre - „das torlose Tor". Und so verstehst Du zutiefst dass Du niemals in diesen Zustand eingetreten bist, und auch die Buddhas der Vergangenheit und der Zukunft niemals eingetreten sind. Im Tzogchen ist dies die Erkenntnis der wahren Natur des Geistes. Alle Dinge in allen Welten sind selbst-befreit so wie sie erscheinen. Alle Dinge sind wie Sonnenlicht auf dem Wasser eines Teiches. Alles leuchtet. Alles ist leer. Alles ist Licht. Alles ist Fülle, und alles ist erfüllt. Und die Welt geht ihren normalen Weg, und niemand ist da um dies zu bemerken.
Ein Interview mit Ken Wilber
Die psychische Ebene
Doch das Wesentliche ist, dass Du beginnst sie bewusst zu erleben. Du schaust unbeteiligt auf sie ohne Urteil und siehst sie einfach vorbeiziehen, so wie Du auch die Wolken am Himmel vorbeiziehen siehst - sie kommen, sie gehen. Kein Lob, keine Verdammung, keine Verurteilung - einfach „pures Bezeugen". Wenn Du deine Gedanken beurteilst, dann verfängst Du Dich in ihnen und kannst sie nicht transzendieren. Du findest dann auch nicht höhere oder subtilere Dimensionen deines eigenen Seins. Du sitzt also in der Meditation und bezeugst einfach was Dir durch den Kopf geht. Du lässt den Affenverstand tun was er möchte und schaust einfach zu. Und es passiert folgendes: weil Du als unbeteiligter Zeuge diese Gedanken, Fantasien, Bemerkungen und Bilder anschaust, befreist Du Dich von ihrem unbewussten Einfluss. Du schaust auf sie, und benutzt sie daher nicht um auf die Welt zu schauen. Das macht Dich zu einem gewissen Grade frei von ihnen. Und Du wirst ebenso frei von dem separaten Selbst das von ihnen abhängt.
Die subtile Ebene
Die kausale Ebene
Die nichtduale Ebene
Alle Erfahrungen - diese vorüberziehenden Wolken - verlieren vollständig an Geschmack. Du bist nicht der der Befreiung erfährt; Du bist die Öffnung, die Lichtung, die Leere in der alle Erfahrungen kommen und gehen, wie die Spiegelung eines Spiegels. Und Du bist der Spiegel, der spiegelnde Verstand, und keine der erfahrenen Reflexionen. Du bist nicht getrennt von den Reflexionen, stehst nicht zurück und beobachtest. Du bist alles was erscheint von Augenblick zu Augenblick. Du kannst das ganze Universum verschlucken, es ist so klein, und kannst den gesamten Himmel schmecken, ohne Dich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Dies ist der Grund warum im Zen gesagt wird, dass Du in den Großen Samadhi nicht eintreten kannst: Er ist die Öffnung oder Lichtung dessen was immer anwesend ist, und in dem alle Erfahrungen - und alle Manifestationen - von Augenblick zu Augenblick erscheinen. Es sieht so aus als ob Du in diesen Zustand „eintrittst". Doch einmal dort angekommen erkennst Du, dass es niemals eine Zeit gab in der dieser Zustand nicht voll präsent und erkannt worden wäre - „das torlose Tor". Und so verstehst Du zutiefst dass Du niemals in diesen Zustand eingetreten bist, und auch die Buddhas der Vergangenheit und der Zukunft niemals eingetreten sind. Im Tzogchen ist dies die Erkenntnis der wahren Natur des Geistes. Alle Dinge in allen Welten sind selbst-befreit so wie sie erscheinen. Alle Dinge sind wie Sonnenlicht auf dem Wasser eines Teiches. Alles leuchtet. Alles ist leer. Alles ist Licht. Alles ist Fülle, und alles ist erfüllt. Und die Welt geht ihren normalen Weg, und niemand ist da um dies zu bemerken.
Aus: Ken Wilber, Collected Works Volume 4, S. 356f. Shambhala 1999
Frage (F): Ich möchte Dich bitten, die Erfahrungen der verschiedenen Stufen der Meditation zu beschreiben. Doch erzähle uns bitte zuerst etwas über die Meditation selbst - über die verschiedenen Typen der Meditation und wie sie funktionieren.
Antwort (A): Man unterscheidet üblicherweise zwei große Kategorien der Meditation. Die eine wird „Konzentration" genannt, und die andere „Bewusstheit" (Aufmerksamkeit, Innensicht) - die eine ist „geschlossen", und die andere ist „offen". Nehmen wir z.B. an, Du schaust auf eine Wand mit Hunderten von Flecken. In der Konzentrationsmeditation schaust Du nur auf einen Fleck, und Du schaust so angestrengt dass Du nur diesen einen Fleck siehst und keine anderen. Dies entwickelt Deine Kräfte der Konzentration. In der Aufmerksamkeitsübung oder Innensicht-Meditation hingegen versuchst Du Dir so vieler Flecken bewusst zu sein wie möglich. Dies erhöht Deine Sensibilität, Deine Aufmerksamkeit und Dein Wissen. In der Konzentrationsmeditation konzentrierst Du Deine Aufmerksamkeit auf ein Objekt - einen Felsen, eine Kerzenflamme, Deinen Atem, ein Mantra, das Herzensgebet usw. Durch die intensive Konzentration auf ein einziges Objekt identifizierst Du Dich als Subjekt Stück für Stück mit diesem Objekt. Du beginnst den Subjekt/Objekt Dualismus zu untergraben, der die Basis allen Leidens und aller Illusion ist. Schritt für Schritt erscheinen die höheren Bereiche der Existenz, und führen Dich hin zur endgültigen bzw. nicht-dualen Dimensionen, und alles das wird ganz offensichtlich für Dich. Du transzendierst Dein gewöhnliches Selbst oder Ego und entdeckst die höheren und subtilen Dimensionen der Existenz, das Spirituelle und Transzendente. Dieses Vorgehen zur Erreichung der höheren Dimensionen ist jedoch ein Vorgehen der „brutalen Gewalt", und obgleich Konzentrationsmeditation sehr wichtig ist, so löscht sie doch nicht die Tendenzen zur Erschaffung des Dualismus an der Wurzel aus. Tatsächlich ignoriert diese Art der Meditation diese Tendenzen und versucht sie zu umgehen. Sie konzentriert sich auf einen Flecken und ignoriert alle anderen. Konzentrationsmeditation kann uns definitiv einige der höheren Bereiche zeigen, aber ihre Anwendung kann Dich nicht dauerhaft in diesen höheren Bereichen verankern. Um das zu erreichen musst Du auf alle Flecken schauen. Du musst alle Erfahrungen untersuchen, ohne Verhaftung, ohne Beurteilung, gleich-gültig in einer kristallklaren Aufmerksamkeit.
F: Das ist die Innensicht- oder Aufmerksamkeitsmeditation.
A: Ja, das ist richtig. Die Buddhisten bezeichnen die Konzentrationsmeditation als Shamatha, und die Aufmerksamkeitsmeditation als Vipassana, Dhyana und Prajna. Die erstere führt zu Samadhi bzw. der auf einen Punkt gerichteten Konzentration. Die zweite führt zu Satori oder der transzendentalen Aufmerksamkeit und Weisheit. Das Wesentliche bei all diesen meditativen Übungen - und es gibt andere wie z. B. Visualisierung, Koan, kontemplatives Gebet usw. - ist, dass sie zwei ganz wichtige Dinge tun; zum einen helfen sie den diskursiven, rational existenziellen Verstand zu beruhigen, den Verstand der die ganze Zeit denken muss, den Verstand der die ganze Zeit mit sich selbst schwätzt und alles verbalisiert. Sie helfen uns diesen „Affenverstand" zu beruhigen, und wenn sich einmal der Affenverstand ein wenig beruhigt wird es möglich, dass subtile und höhere Dimensionen des Bewusstseins aufsteigen - das Psychische, das Subtile, das Kausale und das Ultimative oder Nichtduale. Das ist die Essenz wirklicher Meditation. Es ist einfach ein Weg Evolution fortzuführen. Eine Fortsetzung unseres eigenen Wachstums und unserer eigenen Entwicklung.
F: Kannst Du die Ebenen der Meditation beschreiben und wie sie erfahren werden? Was passiert tatsächlich in jedem Stadium?
A: Wenn Du Meditation praktizierst ist eines der ersten Dinge die dir auffallen, dass Dein Verstand - und so gesehen Dein ganzes Leben - ganz überwiegend dominiert ist durch unbewusstes verbales Geschwätz. Du sprichst ständig zu Dir selbst, und daher, wenn Meditation begonnen wird, sind viele Menschen erstaunt und erschüttert wie viel Müll durch ihr Bewusstsein läuft. Es wird klar dass Gedanken, Bilder, Fantasien, Bemerkungen, Ideen und Konzepte das Bewusstsein dominieren. Wir erkennen, dass diese Verstandestätigkeit einen wesentlich tieferen Einfluss auf unser Leben hat als wir bisher dachten. Die ersten Meditationserfahrungen haben Ähnlichkeit mit dem Besuch eines Kinofilmes. Du sitzt und beobachtest all diese Fantasien und Konzepte wie sie vor Deinem Bewusstsein vorbeimarschieren.
Mit anderen Worten, Du hast begonnen Dich vom Ego zu befreien. Dies ist die erste spirituelle Dimension, bei der das gewöhnliche Ego „stirbt" und höhere Strukturen des Bewusstseins „auferstehen". Dein Identitätsgefühl beginnt sich auf natürliche Weise auszudehnen und den Kosmos zu umfangen, bzw. alle Natur. Du erhebst Dich über den isolierten Verstand und Körper, und findest eine größere Identität mit der Natur oder dem Kosmos - „Kosmisches Bewusstsein" - wie R. M. Bucke es nennt. Dies ist eine sehr konkrete und unmissverständliche Erfahrung. Und natürlich ist es eine außerordentliche Befreiung ist! Dies ist der Beginn der Transzendenz. Du hast den Weg nach Hause gefunden. Du erkennst dass Du eins bist mit dem Gefüge des Universums - ewig. Deine Angst vor dem Tod löst sich langsam auf und Du beginnst, in einer konkreten und fühlbaren Art und Weise die offene und transparente Natur deines eigenen Seins zu erfahren. Gefühle der Dankbarkeit und Hingabe steigen in dir auf - Hingabe zum Geist in der Form des Christus, oder Buddha oder Krishna; oder Hingabe an Deinen momentanen spirituellen Meister; Hingabe ganz allgemein und ganz sicher auch Hingabe zu allen anderen empfindenden Wesen. Das Bodhisattvagelübde erhebt sich - in welcher Form auch immer - aus den Tiefen deines Seins in einer kraftvollen Art und Weise. Du erkennst, dass Du einfach zu tun hast was immer Du kannst um allen bewussten Wesen zu helfen, und zwar deshalb - so sagt es Schopenhauer - weil Du erkennst, dass wir alle das gleiche nichtduale Selbst oder den Geist oder das Absolute miteinander teilen. All dies beginnt offensichtlich zu werden, so offensichtlich wie Regen auf dem Dach. Es ist real und es ist konkret.
F: Was ist jetzt mit der nächsten großen Stufe, der subtilen Ebene?
A: Wenn deine Identität die isolierte und individuelle Körper/Verstand-Einheit zu transzendieren beginnt, wird Dir intuitiv bewusst dass es einen Grund des Seins gibt, eine ursprüngliche Göttlichkeit jenseits des Ego, und jenseits der Erscheinung mythologischer Gottesfiguren oder rationaler Wissenschaft oder existenzieller Weltsicht. Diese Form der Göttlichkeit kann unmittelbar erfasst werden. Je mehr Du Dich über die isolierte und existenzielle Körper/Verstand-Einheit hinaus entwickelst, desto mehr entwickelst Du Dich hin zum Geist, welcher auf der subtilen Ebene oft als göttliche Form oder archetypisches Selbst erfahren wird. Was ich damit meine ist zum Beispiel die sehr konkrete Erfahrungen eines starken Lichtes, eines Lichtwesens oder einfach eine extreme Klarheit und Brillanz des Bewusstseins. Der Punkt ist dass Du etwas jenseits der Natur siehst, jenseits des Existierenden, jenseits des Psychischen, jenseits sogar der kosmischen Identität. Du beginnst die verborgene oder esoterische Dimension zu sehen, die Dimension außerhalb des gewöhnlichen Kosmos, welche die Dimension der Natur transzendiert. Du siehst das Licht, und manchmal scheint dieses Licht buchstäblich wie das Licht von tausend Sonnen. Es überwältigt Dich, ergreift Dich, energetisiert Dich, macht Dich neu und erfüllt Dich. Das ist das, was die Praktizierenden die feinstoffliche Natur genannt haben, den subtilen Geist, schimmernd und leuchtend. Ich glaube dies ist der Grund dafür, warum Heilige überall auf der Welt mit einem Ring von Licht um ihren Kopf dargestellt werden. Das ist tatsächlich das was Du siehst - göttliches Licht. Mein Lieblingstext von Dante hierzu lautet: Meinen Blick fixierend auf das ewige Licht sah ich in seiner Tiefe verbunden mit Liebe und mit einer Stimme die verstreuten Teile des gesamten Universums. Innerhalb des leuchtend tiefen Daseins dieses erhöhten Lichtes sah ich drei Kreise mit drei verschiedenen Farben einer Dimension und durch den Zweiten schien der Erste reflektiert, wie ein Regenbogen von einem Regenbogen, und der Dritte erschien als Feuer gleichermaßen von den beiden anderen durchatmet. Dies ist nicht einfach nur Dichtung, dies ist eine beinahe mathematische Beschreibung eines Types von Erfahrungen der subtilen Ebene. Wie auch immer, Du kannst ebenso diese Ebenen erfahren als eine Entdeckung deines eigenen höheren Selbst, deiner Seele, des heiligen Geistes. „Wer sich selbst kennt, kennt Gott" sagt der heiligen Clement.
F: Und die tatsächliche Erfahrung ?
A: Die tatsächliche Erfahrung ist unterschiedlich. Hier ist ein Beispiel: Nehmen wir an Du gehst in der Stadt spazieren und schaust Dir die Schaufenster an. Du schaust auf die Auslagen, und plötzlich siehst Du ein vages Bild vor deinen Augen tanzen, das Bild einer Person. Dann erkennst Du, dass es Deine eigene Spiegelung in dem Schaufenster ist. Du erkennst Dich plötzlich selbst, Du erkennst dein Selbst, dein höheres Selbst. Du erkennst plötzlich wer Du bist. Und wer Du bist ist - ein leuchtender Funke des Göttlichen. Doch es ist ein Schock der Erkenntnis - „ Oh das !" Es ist eine sehr konkrete Realisierung, und gewöhnlich bringt sie viel Gelächter oder viele Tränen mit sich. Die subtile göttliche Form oder das Licht oder höhere Selbst - dies alles sind einfach Archetypen deines eigenen Seins. Du begegnest ihnen über die meditative Entwicklung, und beginnst eine direkte Begegnung mit dem Geist, Deiner eigenen Essenz. So zeigt es sich als Licht, als ein Lichtwesen, als Nada, als Shabd, als Klarheit, Numinosität usw. Und manchmal zeigt es sich als einfaches klares Bewusstsein von dem was ist - sehr einfach, sehr klar. Der Punkt ist, dass es sich aller Flecken auf der Wand bewusst ist. Es ist sich klar bewusst all dessen was geschieht, von Augenblick zu Augenblick, und transzendiert darum den Moment. Es transzendiert diese Welt und beginnt Teil des Göttlichen zu werden. Es hat ein heiliges Aussehen, wie auch immer es ausgedrückt werden mag. Das ist das Subtile - eine Begegnung mit dem Göttlichen von Angesicht zu Angesicht. Du nimmst an der Wirklichkeit teil im Bewusstsein und in der Weisheit des Göttlichen. Es ist eine Schulung und Übung. Es kann getan werden, und es wurde bereits getan, viele Male.
F: Das ist sehr klar, doch was ist jetzt mit der nächsten Ebene, dem Kausalen?
A: Du sitzt da, einfach nur alles das bezeugend was in Deinem Bewusstsein erscheint, in Deiner gegenwärtigen Erfahrung. Du bezeugst gleich-gültig all die Flecken an der Wand deines Bewusstseins. Wenn Du ausreichend Übung darin hast, werden allmählich die rationalen und existenziellen Flecken verblassen, und psychische Flecken kommen in Dein Bewusstsein. Nach einer Zeit weiterer Praxis des Bezeugens werden sich die subtileren Flecken zeigen, z. B. in Form von Licht- und Hörerfahrungen, göttlichen Formen und so weiter. Wenn Du fortfährst einfach zu bezeugen - was Dir hilft Dich von niederen und gröberen Formen zu disidentifizieren, und Dir höhere und subtilere Formen bewusst macht - werden selbst die subtile Objekte bzw. die subtilen Flecken allmählich verschwinden. Du trittst ein in einen tiefen Zustand der Nichtmanifestation, welcher beschrieben wird wie eine Herbstnacht bei Vollmond. Da ist überall eine unheimliche und wunderschöne Numinosität, doch es ist eine „schweigende" oder „schwarze" Numinosität. Du kannst tatsächlich nichts sehen, außer einer Art von silberner Fülle die allen Raum ausfüllt. Doch weil Du tatsächlich kein bestimmtes Objekt sehen kannst ist es eine Art radikaler Leere. Im Zen sagt man „ stoppe den Klang dieses Stroms". Dies ist auch bekannt als Shunyata, als die „Wolke des Nichtwissens", als göttliche Ignoranz, radikales Mysterium, Nirguna („unqualifizierbarer") Brahma usw. Brillante Formlosigkeit, durch kein Objekt beeinträchtigt. Es wird offensichtlich, dass Du absolut eins bist mit dieser Fülle welche alle Welten transzendiert, und alle Ebenen, alle Zeit und alle Geschichte. Du bist absolut erfüllt, und darum bist Du absolut leer. „Es ist alle Dinge und es ist kein Ding", sagt der christliche Mystiker Boethius. Sicherheit tritt an die Stelle von Ehrfurcht. Das ist das was Du bist vor aller Manifestation und vor allen Welten, es ist - mit anderen Worten - die Erkenntnis dessen was Du zeitlos und formlos bist. Dies ist ein Beispiel der kausalen Ebene; das ist Jnana Samadhi, Nirvikalpa Samadhi usw. Die Seele oder der separate Selbstsinn verschwindet, und Gott oder die separate göttliche Form verschwindet, weil beide - Seele und Gott - in der formlosen Gottheit zusammenfinden. Seele und Gott gehen auf in dieser höheren Identität.
F: Das führt uns zu der nichtdualen Ebene.
A: In der vorhergehenden kausalen Ebene bist Du so sehr absorbiert in der nicht-manifesten Dimension, dass Du möglicherweise die manifeste Welt gar nicht bemerkst. Du entdeckst die Leere und ignorierst die Form. Doch auf der ultimativen oder nichtdualen Ebene integrierst Du die zwei. Du erkennst dass Leere erscheint oder sich manifestiert als Form, und das Form in seiner Essenz Leere ist. Konkret gesprochen bedeutet das: was Du bist sind alle Dinge die erscheinen, alle Manifestationen erscheinen von Augenblick zu Augenblick als ein Spiel der Leere. Wenn das Kausale wie eine leuchtende vom Mond beschienene Nacht erscheint, erscheint dies jetzt wie ein leuchtender Herbsttag. Was als solide und konkrete Objekte „dort draußen" sich zeigt, sind in Wirklichkeit transparente leuchtende Manifestationen Deines eigenen Seins oder Deiner Soheit. Sie sind keine Hindernisse auf dem Weg zu Gott, sondern einfach Ausdruck des Göttlichen. Sie sind darum leer in dem Sinn dass sie kein Hindernis sind. Sie sind ein freier Ausdruck des Göttlichen. Die Mahamudra Tradition sagt es kurz und bündig: „Alles ist Gedanke, Gedanke ist leer, Leere manifestiert sich frei, freie Manifestation ist Selbstbefreiung".
Die Freiheit die Du auf der kausalen Ebene gefunden hast - die Freiheit der Fülle und Leere - diese Freiheit wird jetzt auf alle Dinge ausgedehnt, sogar auf diese „gefallene Welt der Sünde oder Samsara". Daher werden alle Dinge selbst-befreit. Diese außerordentliche Freiheit, bzw. die Abwesenheit von Beschränkungen oder die totale Befreiung - dieser klare helle Herbsttag - ist das was Du an diesem Punkt erfährst. Doch „Erfahrung" ist hier ein ganz falsches Wort. Diese Realisierung ist tatsächlich die nicht zu erfahrende Natur des Geistes. Erfahrungen kommen und gehen, sie alle haben einen Anfang in der Zeit und ein Ende in der Zeit. Sogar subtile Erfahrungen kommen und gehen. Sie sind wundervoll, überwältigend, außerordentlich. Und sie kommen und sie gehen. Doch dieser nicht-duale „Zustand" ist selbst keine Erfahrung. Es ist einfach die Öffnung oder Lichtung in der alle Erfahrungen erscheinen und verschwinden. Es ist der helle Herbsthimmel durch den die Wolken ziehen. Er ist keine Wolke für sich, keine Erfahrung, kein Objekt, keine Manifestation. Diese Realisierung zeigt dir die absolute Fruchtlosigkeit von Erfahrungen, die Fruchtlosigkeit des Bemühens durch Erfahrungen Befreiung oder Freiheit zu finden.